Traditionelles japanisches Theater, entstanden im 14. Jahrhundert, mit Musik begleitet.
Diese über Generationen hinweg vom Vater auf den Sohn weitergegebene Kunst hat ihren Ursprung in shintoistischen Festtänzen und buddhistischen Tanzdramen sowie im volkstümlichen Theater. Meist trägt der Hauptdarsteller eine Maske. Mit minimalsten Bewegungen erzielt der Noh-Spieler größte Wirkung. Noh-Tanz ist Reduktion der Bewegung in vollendeter Form und unterscheidet sich grundlegend von westlichen Tanzstilen. Die traditionellen Themen betreffen in der Regel japanische oder chinesische Mythologie oder Literatur.
Einer der ersten Nicht-Japaner, der je ein Noh-Spiel zu sehen bekam, war der amerikanische General Ulysses S. Grant. Im Jahr 1870 kam er während einer Weltreise auch nach Tokio, und seine Gastgeber baten den großen Noh-Spieler Hôshô Karô, eine Vorstellung zu geben. Es wäre nun durchaus nicht überraschend gewesen, wenn der alte grauhaarige Ex-Krieger beim Anblick der feierlich-priesterlichen Bewegungen dieser symbolischen Darstellung eingeschlafen wäre, aber es wird berichtet, daß er sich nach Beendigung des Spiels voller Bewunderung zu seinen Gastgebern gewandt und gesagt habe: »Das müssen sie pflegen und bewahren.« Grant wußte vermutlich nicht, dass die Erhaltung der Noh-Spiele zu jener Zeit tatsächlich in Frage gestellt war.
In der ursprünglichen Form waren die Noh Spiele sehr einfach, denn sie hatten sich eben aus bestimmten Spielen entwickelt, die in Tempeln und Heiligtümern bei Erntefesten und anderen Feierlichkeiten oder bei Zusammenkünften der Ortsbewohner vorgeführt wurden. Vor über 600 Jahren wurden diese ländlichen Unterhaltungen dann durch das Genie zweier Männer zu einer der bedeutendsten dramatischen Formen der Welt umgestaltet. Diese Männer waren Kan’ami Kiyotsugu (1333 – 1384) und sein Sohn Seami Motokiyo (1363 – 1443).
In mancher Hinsicht erinnern die Noh-Spiele an das griechische Drama der Antike: auch dort traten nur wenige Personen auf, auch dort gab es einen Chor; Tänze und Masken und auch dort wurden häufig traditionelle oder legendäre Themen behandelt. Aber während das griechische Drama im Verlauf der Zeit immer realistischer wurde, entwickelten sich die Noh-Spiel zu einer fast rein symbolischen Kunstform, bei der sowohl der Text der Stücke wie die Bewegungen der Darsteller unausgesprochene und undefinierbare Realitäten versinnbildlichen wollten.