ein Exzerpt
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Heute ist der 04.04.2023. Wir starten mit der Meta-Reflektion. Dann ist das zuordenbar.
LANGE PAUSE.
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Mehrheits- Minderheitskultur. Ist ein paar Mal aufgekommen. Das.. Ich weiß gar nicht, ob wir da wirklich drüber gesprochen haben, aber ob.. ob wir nicht hier am Ende auch so ein top down mäßiges, äh abgehobenes Gespräch führen.
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Da würde ich auf jeden Fall sagen: ja. Also es ist ganz unreflektiert, weil das ist ja unmittelbar verknüpft mit der nächsten Frage: „Sind uns unsere Privilegien und unser Status bewusst?“ Und wenn uns das bewusst ist, dann ist uns ja auch bewusst, dass wir einfach einen haben.
Ja, und so ist es eben jetzt von oben nach unten. Mehrheitskultur. Dings.
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Würden wir sagen, dass wir eine aufnehmende Kultur sind?
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In unserer Arbeit?
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Mhm.
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Nein.
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Oder auch jetzt in dem Prozess?
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Es kommt drauf an, wie man da aufnehmen, glaube ich, sieht und definiert. Also ich glaube sozusagen prinzipiell intellektuell offen für andere Standpunkte würde ich jetzt im Laufe unseres Prozesses uns schon irgendwie sehen. Ähm.. und und.. Wertschätzend, also irgendwie so.. Einander gegenüber und aber auch irgendwie anderen Dingen gegenüber oder auch außerhalb. Also jetzt nicht hier seienden Dingen.
Aber ich würde sagen, dass wir jetzt ja nichts wirklich richtig dazu aufnehmen. Also wir denken und arbeiten immer noch in denselben Ideen und Strukturen wie bisher. Also wenn man jetzt die beiden Ideen nimmt, die jetzt so im Raum standen, also die Idee von mir, angelehnt an diese Berliner Ermittlung oder angelehnt oder die Idee mit den Kugeln, die sound und installativ sind, sind das schon noch unsere. So wie wir das immer so machen. So ungefähr. So. Genau.
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Ja. Und auch im Sinne dieser Interaktion durch Kontakt. LANGE PAUSE.
Ist uns bewusst, warum das so ist?
01 00:03:42,500 – 00:03:43,580
LANGE PAUSE.
Also das war jetzt auch nur meine Meinung…
03 00:03:43,580 – 00:04:31,700
Ja, ich bleib da auch immer noch noch dran hängen, weil ich eigentlich schon das Gefühl habe, wir suchen hier irgendwie nach was. Nach was anderem. Also genau darum geht es ja: Jetzt zu schauen. Okay, wie können wir das.. wie, wie können wir irgendwas vielleicht anders machen, als.. als wir es so sonst machen würden? Und auf der Ebene.. Ich weiß nicht, hab ich schon so ein gewisses Minderheitsgefühl. Oder so ein Gefühl von naja.. also hab jetzt nicht den Eindruck.. Also andersherum: Ich habe den Eindruck, jedem, dem ich das erzählt habe wir hinterfragen wir uns jetzt hier mal so und wir gucken mal, wer sind wir denn überhaupt und schauen mal, wie können wir denn überhaupt uns da so.. an so.. so heftige Themen rantasten? Da sagen alle so.. Ahja super. So ungefähr, als was für mich so indirekt heißt so jaja, ja schon eigentlich ganz gut, dass so zu machen, aber es macht halt eigentlich keiner. Also insofern schon eine gewisse Minderheit. Weil es halt anstrengender ist, weil es schwieriger ist, als zu sagen, ja, ich schraube jetzt halt hier irgendein paar Hölzer zusammen und schreibt da irgendwie Diversität und Autozentrismus oder was drauf. Und dann habe ich da meine.. meine künstlerische Arbeit zu gemacht.
04 00:05:05,240 – 00:05:43,000
Ich würde dem auch widersprechen. Weil du sagtest, eigentlich arbeiten wir wie immer.. aber ihr habt mich jetzt mit reingeholt, was eine für mich erstmalige Erfahrung ist und ihr habt auch sicher ganz viele.. Inhalte neu euch… ja, darauf eingelassen oder euch angehört oder mal so auf euch wirken lassen, die vielleicht auch vorher noch nicht so präsent waren.
02 00:05:44,650 – 00:06:29,580
Das schon.. Aber das kommt jetzt auch wieder so ein bisschen drauf an, wie man jetzt um Kultur kreist und so was.. Aber trotzdem würde ich sagen, ich meine, trotzdem drehen wir uns in unserer ..irgendwie akademisch.. westlich akademischen Suppe, aus der ich auch persönlich irgendwie schwer rauskomme oder nicht rauskomme oder vielleicht auch gar nicht raus will. Aber wir drehen uns in..Also da drin spielt sich das weiterhin ab. Also wir haben jetzt keine Ahnung. Also wir sind.. Wir haben nicht mit Betroffenen gesprochen bisher. Also sogar noch außerhalb von dem Projekt.. oder noch ergänzend dazu.. Das ist ja irgendwie das Ganze.. Also mein ganzes Leben spielt sich so ab, also in meinem Leben, also in meinem ganzen Umfeld. Also das weiß ich nicht. Also das ist alles der gleiche Sums.
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Ja..wir sind nicht.. wir sind ja jetzt eben nicht ins Shisha Café gegangen.
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Und dass ich mich irgendwie.. keine Ahnung.. alle zwei Wochen mal mit Siamak unterhalte, das ist jetzt auch kein krasser kultureller Austausch, der da stattfindet. Außerhalb dieser Bubble, in der man sich halt so rumtreibt.
01 00:07:20,030 – 00:08:05,890
Ich habe das Gefühl, ja, du hast recht damit. Also ich habe das zuerst auch mit wirklich neue Leute und ganz neue Einflüsse.. Also dein Einfluss ist neu. Genau. Also die, die Art und Weise und dein Einfluss ist neu hast, wenn man nur auf Privilegien und Status geht und unsere Sozialisation ist das ja dann doch wieder ähnlich. Genau. Also sozusagen die.. die Profession, die du jetzt mit reinbringst und den Impuls und so. Der ist auf jeden Fall hinzugekommen. Da würde ich auch sagen bemühen wir uns aufnehmend zu sein. Dann. Aber da sind ja immer noch sehr viele Dinge, die trotzdem noch.. ja genau.. in dieser Suppe sind. So.
04 00:08:11,760 – 00:08:22,230
Und warum ist das so? Das war meine Frage, die mich wirklich interessiert.. Warum würdest du sagen, du hast keine aufnehmende Kultur in deiner Arbeit?
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Na ja, weil. Wie.. Na ja, wie lief es der Förderantrag hierzu ab? Die beiden Ausländer sind rausgeflogen. So.. als Beispiel.
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Aber warum.. warum nicht?
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Genau..ja das ist..
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Aber es würde mich wirklich interessieren.. Ich frage nur aus Interesse. So. Warum würdest du sagen, dass du eher keine aufnehmende Kultur hast?
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Mh.. aus Sachen, die glaube ich, zu diesem vorherigen Kreis gehören. Und zwar aus einem radikalen, aus einer halbwegs radikalen Kosten-Nutzen-Abwägung. Ich kann also.. wir nehmen es zwar auf, aber das bleibt ja trotzdem in meinem Handy. Jetzt genau..
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Prozesslogik…
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..einfach.. genau. So eine Ökonomisierung… einfach irgendwie.
02 00:10:39,410 – 00:10:44,660
Und da muss ich auch sagen, ich finde, dass das ja auch was, das ist ja auch was vollkommen Legitimes. Das ist ja auch und das ist so ne…Also also ich jetzt auch auch zu Felix ja ganz bewusst weil das ist ja irgendwie. Keine Ahnung. Das ist ja nun genau so. So ist der Beruf und man kennt sich und man macht die diese Sachen so zusammen und weiß, dass es funktioniert. Und genau.. dann macht man das so. Es ist konkret bei dem.. also bei diesem Projekt zum Beispiel.. hat uns sozusagen diese Förderstruktur das abgeschnitten da noch mehr mehr zu zu wagen oder sowas.. oder, ich, also ich selber würde sogar noch einen Schritt weiter, also, ic.. wenn ich jetzt ganz… Ich kenne einfach kaum jemand. Ich kenne.. ich habe im Privaten keinen Kontakt zu Leuten aus sonderlich anderen Kulturen. Also du, du aus NRW bist schon relativ exotisch in meinem Umfeld. Also nee, also wirklich ganz im Ernst. Also das ist aber ich.. ähm.. ich such da jetzt auch nicht aktiv den Kontakt muss ich sagen, also.. und finde… finde es auch dann irgendwie immer nicht so.. so entscheidend. Weil wenn ich jetzt ins Pizzini gehe und mich mit jemandem unterhalte, ist es mir auch relativ wurscht, wo der herkommt. So, und wenn das jetzt jemand Interessantes ist, dann ist es ja auch mal interessant, sich mit irgendjemandem zu unterhalten usw. Aber wenn ich es runter breche, ist das einfach eine sehr.. einfach eine sehr deutsche Angelegenheit.
04 00:13:38,640 – 00:13:41,640
Mhm..Ja, aber lass uns mal…
01 00:13:42,210 – 00:13:48,060
Aber ich meinte mit „Aufnehmende“ sozusagen: Da bleibt man in dem Trott. So, das ist…
04 00:13:49,130 – 00:14:15,750
Würdest du auch sagen, dass es so ne Unsicherheitskomponente hat? Von.. also, Inter-Kultur heißt ja auch quasi mit jemandem noch nie zusammengearbeitet zu haben und „oh da muss ich alles erklären“ Alles, was zwischen euch quasi schon wortlos geht.. also.. ist das auch mit in Kosten-Nutzen?
01 00:14:19,010 – 00:14:19,920
Ja.. Ich finde schon.. LANGE PAUSE
03 00:14:35,320 – 00:15:35,480
Ja schon. Also ich glaube, wir kommen da sehr schnell an diesen an diesem Punkt von Sicherheit und… und festen Bahnen sozusagen, versus sich total sicher, gesichert fühlen und auch was anderes wagen können und das. Also es ist halt irgendwie, würde jetzt mal behaupten, bewegen wir uns in diesem künstlerischen Feld halt schon konstant irgendwie halbwegs prekär, so dass jede.. jede Veränderung an einem Team oder jede Unklarheit darüber, wie jetzt jemand arbeitet oder so, dann vielleicht.. ja, eine Zumutung ist. So wie du es vorhin gesagt hast. Wir leben doch eh schon unsicher. Was wollen wir denn jetzt hier mit noch mehr Unsicherheit? So..bleib mir fern.
02 00:15:36,330 – 00:15:38,440
Glaube ich jetzt gar nicht.. Also mich persönlich gar nicht so..
03 00:15:36,330 – 00:15:38,440
Genau, da ging es ja um eine ganz andere Sache. Aber die Dynamik ist vielleicht am Ende ähnlich. Dass wir, wenn wir jetzt hier halt so dass das Mega Kunst Power Haus wären, so ungefähr, dann wäre es halt scheißegal. Dann könnte man halt auch sagen, ja, man probiert einfach. Man könnte mehr ausprobieren, weil einfach nicht die Notwendigkeit da ist, irgendeine Existenz zu sichern.
Ist eigentlich total absurd, weil ja am Ende es eigentlich in diesem ganzen Feld ja immer darum geht, irgendwie was Neues und was zu wagen und so weiter. Und so eine Grundidee davon besteht, dass wenn man da was anders macht, dann.. dann wird es wirklich spannend.
Aber ja.. die alte ökonomische Logik, die tritt dann halt trotzdem ein.
Appendix:
In der Sprache sind für Jacques Derrida immer Spuren von allem und daher auch vom Abwesenden enthalten. Er reflektiert unter anderem über die Unterscheidung zwischen gesprochener Sprache und Schrift. Zwischen den Worten, zwischen den Buchstaben, gebe es immer eben auch ein Dazwischen. Es wird nicht nur in den Worten auf etwas tatsächliches verwiesen – wie Ferdinand de Sassure schrieb. Für diese Abwesenheiten, die Zwischentöne, das Ungesagte, die Spuren, prägte Derrida einen neuen Begriff: la différance.
Das Rechercheprojekt ‚interne Ermittlungen‘ bestand zu weiten Teilen aus Gesprächen. Unsere regelmäßigen Treffen haben wir zum Teil wörtlich aufgenommen und transkribiert. Hieraus entstand der Ansatz für einen umfassenden Text, der die Grundlage für eine performative Darbietung, ein Theaterstück, eine partizipative Installation, oder anderes sein kann. Dieses Exzerpt entstammt einem Gespräch von den Residenzkünstlern David Luis Grimm und Dominik Tremel mit Simone Treiber (interkulturelle Trainerin) und Felix Forsbach (Schauspieler).
Dominik Tremel ist Musiker. Seine Instrumente sind Klavier, Synthesizer, Metallabfälle und Elektroschrott. Er arbeitete u.a. für das Staatstheater Saarbrücken, das Theater Kiel, das Wildwuchstheater Bamberg und ist Mitglied des Ensembles „Ernst von Leben“. Außerdem entwickelt er Hörspiele und Filme.
David Luis Grimm arbeitet als Künstler interdisziplinär mit Raum, Performance, Skulptur und Grafik. Er studierte in Nürnberg, Bamberg und Berlin bildende Kunst, Kunstgeschichte, Ethnologie und Architektur. 2021 beendete er sein Studium an der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg mit Auszeichnung als Meisterschüler. Er arbeitet oft in kooperativen Strukturen und gründete 2016 den Künstlerischen Arbeitskreis für kulturellen Antrieb FRANZ KAfkA.