(but not the last one)
Ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht, mich mit der oberbayrischen, wie mit der Sepulgralkultur im allgemeinen auseinanderzusetzen. Meine erste Annäherung an das Thema ging über die Lekture des Buches “DIE LETZTE REISE – Sterben, Tod und Trauersitten in Oberbayern” von Sigrid Metken. Das Buch gab mir einen ersten Überblick wie reichhaltig und und groß dieser ganze Themenkomplex, rund um den Umgang mit dem Tod ist. Mir fiel auf, wie sehr der Umgang und vorallem die Vorbereitung auf den Tod in früheren Jahrhunderten eine emenz bedeutende Rolle gespielt hatte. Gleichsam musste ich für mich konstatieren, dass ich keine Ahnung hatte welche Bräuche, Rituale und Sitten es heute gibt. Ich wollte also herausfinden, wie heute gestorben wird. Das brachte mich kurzerhand dazu, mit dem Chef von Bestattungen Böck in Diessen am Ammersee ein Interview zu vereinbaren. Das etwa einstündige Gespräch bot mir einen tiefen Einblick in die deutsch-christliche Bestattungskultur heute. Bemerkenswert war die Aussage des Bestatters, dass die Menschen von Ihrem Recht, ihre Toten bis zu drei Tage zu Hause aufzubewahren, seltenst Gebrauch machen würden. Anscheinend wolle man mit dem Tod nichts zu tun haben, diese Hypothese stand am Ende im Raum. Ich stellte mir die Frage: was bedeuten die oft gehörten Annahmen eigentlich wirklich, “der Tod sei ein Tabuthema” und “unsere Gesellschaft hätte den Bezug zum Tod verloren”? Trifft das auf mich auch zu? Ich merkte wie meine sachliche Recherche zu einem bestimmten Thema das ich bezüglich möglicher Theaterprojekte durchleuten wollte, zu einem sehr persönlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Sterben und Tod wurde. Meine nächste Exkursion führete mich in das Museum für Sepulgralkultur nach Kassel. Dort konnte ich anschließend an die anfängliche Lektüre, nochmal sehr konzentriert in die Historie vom Umgang mit dem Tod eintauchen. Früher fürchtete man am aller meisten den plötzlichen Tod. Denn im Moment des Sterbens entscheide es sich nach christlicher Vorstellung, ob man den Weg in die ewige Seeligkeit oder nur die Abzweigung in die ewige Verdammnis findet. Die sog. Todesbereitung war deshalb ungemein wichtig. Auf Grund von zunehemender Lebenserwartung und anderen Faktoren, wich die Todesbereitung allerdings einer Lebensplanung, heutzutage. Heute haben wir Angst vor dem Tod, deshalb versuchen wir unser Leben zu verlängern um scheinbar Distanz zum Tod aufzubauen. Dass das Thema Tod ein Tabu zu sein scheint, habe ich dann am eigenen Widerstand und der eigenen Unsicherheit erfahren, als ich mit meinen schon recht alten Eltern das erste Mal bewusst über deren Sterben und Tod sprechen wollte. Trost, Mut und Inspiration spendeten mir zeitgenössische künstlerische Positionen, die sich dem Thema angenommen haben. Geradezu fasziniert und begeistert war ich etwa von einem Sofa eines Designers das beim Todesfall zum eigenen Sarg wird. Oder davon mit Freunden und Familie, einmal jährlich die Performance für seine eigene Beerdigung zu proben, wie es etwa der Künstler Werner Ruhnau gemacht hat. Hilfreich waren auch Zahlreiche Gespräche über das Thema, z.B mit meinem Residenz-Mentoren Axel Tangerding. Die Recherche ist an diesem Punkt ganz bestimmt nicht zu Ende. Zu sehr war mir das Thema sachlich aber eben auch auf persönlicher Ebene verschlossen. Insgesamt war es eine intensive Zeit, die mich sehr bereichert hat!
Luis Lüps. Aufgewachsen und wohnhaft am Ammersee.
Nach seinem Schauspielstudium an der Universität der Künste Berlin, 2012, zweijähriges Festengegement am Staatstheater Braunschweig. Seitdem freischaffender Schauspieler in Theater, Film und TV. Parallel entstanden bereits eigene freie Performancearbeiten.
Zusammen mit seinen Kolleg:innen Elisabeth-Marie Leistikow und Louis Panizza, Gründung der freien Theatergruppe ELLE KOLLEKTIV, 2017. In diesem Zusammenhang entstehen immersive, sehr eigenwillige, großformatige Theaterproduktionen. 2022 wurde das ELLE KOLLEKTIV mit dem TASSILO-PREIS der Süddeutschen Zeitung geehrt.
Luis Lüps stellt eigenen Cidre her. Unter dem Label SÜPER BRÜT, produziert er jährlich etwa 1500 Flaschen Apfelschaumwein